Entwurfserläuterung
Nicht zuletzt aufgrund der völlig
veränderten
städtebaulichen Rahmenbedingungen und bedingt durch das restlose
Verschwinden
der Bauteile des Domkandidatenstifts (bis hin zur zerstörten oder
verschollenen und kaum dokumentierten Inneneinrichtung), erscheint ein
kopierender Wiederaufbau heute eher unangebracht.
Der erarbeitete Entwurf versucht durch Referenzen
an das zugrunde liegende Vorbild, Anknüpfung an die Geschichte und
eine angemessene bauliche Gestalt für die Wiederaufnahme der
Arbeit
in der Einrichtung an ursprünglichem Ort zu geben.
Wichtigster Bezug zum Gebäude Stülers
ist eine annähernde Übereinstimmung mit der Grundfläche
der Riegel an Straßenflucht im Norden und südlich davon
unter
Beibehaltung des zentralen Atriums, welches für die Aufgaben eines
auch auf Introvertiertheit zielenden und nach innen gekehrten
Predigerseminars
von Bedeutung sein kann. Übernehmen die zu den Straßen
gewandten,
in Ziegelstein ausgeführten Gebäudekörper die
ehemalige
Traufhöhe von 15m (trotz einer Geschoßhöhe von 3,50m
ein
Stockwerk mehr als zuvor), so reagiert das aufgelagerte
Dachgeschoß
mit damit insgesamt 18,60m auf die heutige Nachbarbebauung.
Wegen der zu berücksichtigen
Monbijoustraße
liegt der verbindende Teil der U-förmigen Anlage nun direkt hier,
das Atrium hat sich, bei den ursprünglichen Abmessungen, dadurch
nach
Westen verschoben. Der sakrale Gebäudeteil steht erneut frei, als
abstrakte Anlehnung an den Vorgängerbau der quadratischen Basilika
mit geringer Absenkung im seitlichen Deckenbereich und Zutritt
über
das Atrium. Im Volumen nimmt sich die Kapelle heute bescheidener aus,
die
Abstände der äußeren Eckpfeiler entsprechen denen
der ehemaligen inneren Stützen zwischen
Mittel- und Seitenschiffen.
Die Kapelle schließt das Atrium nicht
vollständig
ab, sondern ist gewissermaßen unter das gemeinsame Dach gen
Atrium
gerückt und steht als erhabener Ort auf einem Sockel in einer das
Seminar vom öffentlichen Raum abgrenzenden abgesenkten
Kiesfläche.
Anstelle des Campaniles ist eine Glocke in die
Fassade der Kirche integriert.
Weitere Anlehnungen an den Entwurf Stülers
finden sich in den Rundbögen des Atriumumgangs und beim
Seminarportal,
in den Gesimsstreifen der Fassaden und bei der Teilung der Vorderfront,
die Lage und Abstände der ehemaligen Wandscheiben nachzeichnet.
Außerdem
geben die verwendeten Materialien einen Teil des alten
Erscheinungsbilds
wieder: Im Kreuzverband gelegte Ziegel und nach Vorbild der
Terrakotta-Formteile
von March Keramikelemente in den Brüstungszonen.
Bei der Nutzung des Erdgeschosses bieten sich
öffentliche Einrichtungen unter christlichen Vorzeichen an. So
soll
an der Oranienburger Straße gelegen eine Suppenküche
für
Bedürftige jeder Art eine Ergänzung zur Gastronomie in der
Spandauer
Vorstadt bieten, wo zwar ebenso viele Plätze wie Einwohner
für
zahlungskräftige Kunden zur Verfügung stehen, nicht aber
für
Menschen am Rand der Gesellschaft. Die Küche versorgt gleichzeitig
das Refektorium des Predigerseminars.
An der zum Monbijoupark gelegenen Südseite
ist eine Kindertagesstätte geplant, die mit etwa 30 Plätzen
für
die der Nachfrage nicht gewachsene und nach neuem Raum suchende
Kita
der Sophiengemeinde Erweiterung schaffen könnte.
Zudem befand sich nach Abriß des
Domkandidatenstifts
in einem flachen Pavillonbau an gleicher Stelle bis in die Neunziger
Jahre
bereits eine solche Einrichtung.
Drittes Element öffentlichen Charakters
kann das Offene Begegnungszentrum der Religionen sein.
Der interne Bereich des Seminars beginnt damit,
vom Foyer an der Monbijoustraße eintretend, im ersten
Obergeschoß.
Das eigentliche Wohnen ist abgetrennt vom Lernen und Arbeiten. Zum
Atrium
hin orientierte Studierzellen dienen dem einen, die Wohneinheiten mit
Hauptraum,
abgetrenntem Schlafbereich, einer kleinen Teeküche und Dusche/WC
dem
anderen. Der wesentliche Wohnanteil für 16 Seminarteilnehmer
befindet
sich mit Balkons und Ausblick Richtung Spree an der Südseite,
weitere
Flächen, für Gäste oder externe Seminarbesucher, auch an
der Monbijoustraße.
Nach Norden orientiert mit Stadtbezug befinden
sich die Seminar- und Gruppenräume. Eher nach innen gewandte
Bereiche
erhöhter Konzentration finden sich im vierten Obergeschoß,
die
mit einer Holzlamellen-Hülle die Umgebung ausblenden und so, „dem
Himmel am nächsten“, den nötigen Raum für geistliche
Betätigung
geben.

Flächennutzungsplan der Umgebung –
Zwischen Öffentlicher Nutzung und
Grünfläche

Das Grundstück